Chiara versus Hoolahoop

Als ich den Reifen in der Luft sah, schien die Zeit beinahe stehen zu bleiben. Das bunte Plastik-Ding wirbelte durch die Luft und während ich zusah, zählte ich seine Umdrehungen und fragte mich, wie oft sich der Reifen wohl maximal drehen konnte. Ich verfolgte, wie er langsam wieder auf mich zukam und das Licht aus dem Fenster sich auf der glatten Oberfläche spiegelte.

Au, dachte ich plötzlich und kniff die Augen zusammen, denn das Licht blendete mich auf einmal schmerzhaft.

Und – nach einem kurzen Zögern – schien die Zeit es auch plötzlich wieder eilig zu haben und der Reifen landete mit der vollen Wucht der Schwerkraft in meinem Gesicht.

Vor Schreck stolperte ich und landete auf dem Turnboden – wieder mal. Doppeltes Autsch und erst mal 4:0 für Hoola-Hoop – auch wenn hauptsächlich meine Lichtempfindlichkeit schuld war und ich diesmal beinahe nicht vergessen hätte, dass ich den Reifen ja wieder fangen sollte.

Glücklicherweise hatte ich allerdings bereits mit acht Jahren eine ausgeprägte Ausdauer und während der nächsten 100 Würfe holte ich dann doch deutlich auf.

Dass die anderen zum Schluss bereits umziehen gelaufen waren, merkte ich dabei natürlich nicht. Da musste die Trainerin erst einige Male meinen Namen rufen und mich antippen, bevor ich merkte, dass ich inzwischen allein in der Halle und das Licht bereits ausgeschalten war – Hyperfokus lässt grüßen.

Doch siehe da, einen Ball fange ich heute noch selten – dafür kann ich supergut ausweichen –, aber einen Hoola-Hoop-Reifen fange ich immer noch ziemlich zielsicher.

Worin ich allerdings nie aufholte, war das klassische „Hoolahoopen“. Meine Trainerin in rhythmischer Sportgymnastik war wohl ziemlich überfordert damit, zu versuchen, mir beizubringen, wie ich diesen Reifen um meine Hüfte kreisen lassen sollte.

Was soll ich sagen? Ich schaffte zwar das Kreisen an allen Armen und Beinen, aber gegen meine Hüften hatte der Reifen einfach etwas. So wie der Staubsauger, der mir regelmäßig vor die Füße rollte oder die Sessel im Esszimmer, deren Beine immer wieder meine kleinen Zehen schmerzhaft begrüßten.

Einige Male schaffte ich es sogar im Reifen gefangen über die eigenen Füße zu fallen und mit der Nase voran auf den – echt übel riechenden – Boden der Turnhalle zu knallen. Und beim Reifenspringen vergaß ich regelmäßig zu springen bevor der Reifen meine Schienbeine erreichte.

Für die Menge an Missgeschicken, die ich baute, und die Verfärbung meiner Schienbeine dauerte es jedenfalls wirklich lang bis die Trainerinnen aufgaben und mich (endlich) aus der Reifen-Tanz-Gruppe nahmen und stattdessen Bodenturnen ließen.

Etwas, das ich konnte – naja, solange es nicht darum ging, ein besonders gerades Rad zu schlagen und niemanden im näheren Umkreis dabei niederzumähen.

Aber hey, man muss sich über Kleinigkeiten freuen – wenigstens hatte ich durch meine Gelenkigkeit nie ein Problem mit der Brücke oder aus dem Sitzen ohne Zuhilfenahme der Hände aufzustehen.

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